Sehr geehrte Opernintendanten und Opernintendantinnen,

erlauben Sie mir, Ihnen die neue Kammeroper von Prof. Helge Jörns – EUROPA UND DER STIER“- vorzustellen.
Diese Oper schlägt einen Bogen von der griechischen Mythologie, um die von Zeus geschändete Europa, zum heutigen Europa. Das Besondere an der Oper ist zweifellos der historische Bezug der altgriechischen Sage, auf die derzeitig etwas problematische Sichtweise einiger Länder in Europa – für ein geeintes Europa. Insofern nehmen die Dialoge der Opernprotagonisten mit denen der europapolitischen Elite durchaus einen übereinstimmenden Rang ein.
Falls Sie dieses Thema auch „umtreiben“ sollte und es Ihnen vielleicht ein zuneigendes Lächeln auf Ihr Gesicht zaubert, fordern Sie doch detailliertes Material, wie Partitur, KA, Libretto oder eine Tonaufnahme an.

 


Rolf Schneider (Libretto)

wurde 1932 in Chemnitz geboren, wuchs in Wernigerode/Harz auf. Abitur, anschließend Metallarbeiter. 1951 – 1955 Studium der deutschen Philologie an der Universität Halle/Saale. 1955 – 1957 leitender Redakteur der Monatsschrift AUFBAU in Berlin/DDR. Seither freischaffender Schriftsteller. Lebt in Schöneiche bei Berlin.
Arbeiten für Bühne, Rundfunk, Fernsehen, vor allem Prosa-Bücher, darunter Die Reise nach Jarosaw und November. Erfolgreichste Bühnenstücke Sommer in Nohant und Marienbader Intrigen. Gehörte zu den Initiatoren des Protestes von DDR-Schriftstellern gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR. Wurde seinerseits 1979 aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen. Übersetzungen seiner Arbeiten in 20 Sprachen. Mehrere literarische Auszeichnungen in der DDR und der Bundesrepublik.

 

 


Helge Jörns (Komposition)

Seine Kindheit und frühe Jugend verlebte der Sohn des Komponisten Helmuth Jörns in Mannheim. Bereits 1956 bis zum Abitur 1962 arbeitete er als Organist und Kantor im hessischen Alsfeld. Bis 1966 studierte er an der Nordwestdeutschen Musikhochschule, Detmold Komposition und Dirigieren sowie am Tonmeister-institut mit den Instrumentalhauptfächern Klavier und Cello. 1966 wechselte er nach Berlin und studierte bis 1971 Musikwissenschaft an der dortigen Technischen Universität. Von 1966 bis 1997 arbeitete er als Erster Tonmeister beim RIAS Berlin mit über 300 Schallplatten- bzw.CD – Produktionen sowie 1967-1971 als Musikrezensent für die Tageszeitung DIE WELT. 1968 bis 1982 spielte Jörns als Cembalist im Amati-Ensemble Berlin und nahm 1971 eine Lehrtätigkeit für Komposition und Kontrapunkt als Nachfolger Ernst Peppings an der Kirchenmusikschule des Evangelischen Johannisstifts in Berlin-Spandau auf. 1978 wechselte er als Dozent für Komposition und Tonsatz an die Bischöfliche Kirchenmusikhochschule Berlin (Referat Kirchenmusik des Erzbistums Berlin), eine Stelle, die er bis 1988 innehatte. Gastprofessuren führten ihn überdies nach Melbourne, Sydney, Helsinki, Istanbul und Ankara. In den Jahren 1994 bis 1997 wirkte er als 1. Tonmeister bei DeutschlandRadio Berlin und widmet sich seither ausschließlich dem Komponieren.

 

EUROPA UND DER STIER – Kammeroper in einem Bild

Die griechische Mythologie besagt, dass sich Zeus in die wunderschöne Jungfrau, Tochter des phönizischen Königs Agenor und der Telephassa verliebt. Er verwandelte sich wegen seiner argwöhnischen Gattin Hera in einen Stier. Sein Bote Hermes trieb eine Kuhherde in die Nähe der am Strand von Sidon spielen-den Jungfrau, die der Zeus-Stier auf seinem Rücken entführte. Er schwamm mit ihr nach Matala auf der Insel Kreta in Griechenland, wo er sich zurückverwandelte. Der Verbindung mit dem Gott entsprangen drei Kinder: Minos, Rhadamanthys und Sarpedon.
Die Griechen liebten die Prinzessin sehr und benannten alle Länder, die sie später entdeckten, nach ihrem Namen-EUROPA. So entstanden viele Länder mit vielen unterschiedlichen Sprachen und Kulturen. Diese bilden den heutigen Kontinent Europa.

Wer nun die Gemeinsamkeiten bzw. Zweideutigkeiten zwischen Mythos und Realität EUROPAs entdecken will, so wie es das Libretto der Kammeroper erzählt, sollte sowohl die Geschichte der Prinzessin EUROPA, als auch die aktuelle EUROPA-Politik wahrnehmen.
Offensichtlich liegt der Schlüssel zum Verständnis des Librettos im zweiten Teil der Kammeroper:
„Glanzvoll und groß war die Feier der Hochzeit…“(Vereinigung Europa)
„…Es gebar ihm sein Weib vier prächtige Knaben alsdann…“(Rhadamanthys / Sarpedon / Minos / Krete – Kinder Europas, Teile Europas.
„…Wir sind Kinder vom selben Blut zwar, doch gänzlich uneins. Nämlich, es war, dass wir, die Kinder Europens, uns schon frühzeitig stritten…“Das Auseinanderstreben schon seit dem Zerfall des sogenannten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Krieg, Missgunst, Egoismen, Übervorteilung!
„…so stritten und streiten sie fort. Sie übertragen ihre Feindschaft auf ihre Kinder, dass auch sie sich streiten. Sie liefen in alle Regionen…gänzlich verfeindet, doch aus dem nämlichen Fleisch…“  Europa – in der glanzvollen Hochzeit vereint – ist nach wie vor entzweit.
„…bei gewissem feierlichem Anlass rufen sie Zeus an, den Höchsten der Götter…“ Religion – als letztes Verbindendes.
„…doch der ist meistens zerstreut, da über ihn allmählich die Zeiten hinweggehen…“ Aber auch die Religion Europas zufällt – wo ist denn noch der Gott Europas?
Sie streiten sich weiter „mitallmählich verschiedener werdenden Zungen…“ Nicht kompatible Sprachen und Begriffe, Sprachlosigkeit.
Und dann der fatale Endmonolog der Hera: „Also betragen sie sich wie gewöhnliche Sterbliche. Unsterblich an ihnen bleibt die…Zwietracht“!
Der Mythos – sexistisch, würdelos, bigott, und die Erzählungen im ersten Teil verdeutlicht die Aussage des zweiten. Europas Zukunftsträume und – Pläne – ob nun die Propheten der ökologischen Wende oder die Befürworter militärischer Stärke sie schmieden – setzen ein einfaches und geschichtlich unverändertes Kalkül voraus: jedes Kind, Land, das seine Würde einmal verloren hat, kann eigentlich nur noch gewinnen.

Musikalisch wurde sehr formal gearbeitet, denn eine klare Form ist sehr wichtig, damit dem Hörer eine Struktur an die Hand gegeben wird, die ihm als Orientierungshilfe dienen kann. Die Oper enthält formal vier Komponenten: erstens den gesanglichen Solisten, zweitens den gesanglichen Choristen, der auch stark solistisch gefordert wird, drittens die Continuo-Gruppe, dargestellt durch Klopfen am Paukenrand, einem Tam-Tam auf der Szene und einem gezupften Kontrabass und schließlich viertens das „kammermusikalische“ Orchester, denn es wurde – und das muss man betonen – „Kammermusik“ geschrieben, wenn auch eine sehr aggressive „Kammermusik“. In der Gesamtstruktur wechseln sich die einzelnen Komponenten ab, oder sind übereinandergeschichtet, wie die Figuren auf der Bühne auch gleichzeitig szenisch agieren. Bei den Solisten wurde (allerdings mehr bewusst) leitmotivisch vorgegangen, am deutlichsten in der Lada – Erzählung.

Mitwirkende:

Agenor, König von Phönizien –> Bassbariton
Europa, seine Tochter –> lyrischer Sopran
Kadmos, sein Sohn –> Tenor
Zeus, der oberste der Götter –> Bass
Hera, seine Gattin, –> Mezzosopran
Leda, eine ehemalige Geliebte des Zeus –> Koloratursopran
Asterios, König von Kreta –> Tenor

Die Kinder Europas: ( = Männerchorsolisten)
Krete –> Tenor 1
Minos –> hoher Bariton
Sarpedon –> Bariton 1
Rhadamanthys –>Bariton 2

Statisten:
Der Stier
Ledas Begleiter
Thalos, der bronzene Krieger
Der Hund Lailaps

Orchesterbesetzung:
2 Flöten
2 Oboen
2 Klarinetten in B
2 Fagotte

2 Hörner in F
2 Trompeten in B
2 Posaunen

Timpani
Percussion

Cembalo

Violine I
Violine II
Viola
Violoncello
Kontrabass